Kommunikation ohne Grenzen - Vor der Liberalisierung in der Schweiz

Von Dominik Landwehr (Brückenbauer Nummer 5 vom 27.Januar 1997)


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Vor der Liberalisierung in der Schweiz

 

Die Telekommunikation verbindet Menschen. Sie ist aber auch ein grosses Geschäft, dessen Spielregeln zurzeit neu geschrieben werden.

Paradox ist es schon: Die Schweizer Wirtschaft ist auf der Kriechspur, der private Konsum stagniert oder ist gar rückläufig, aber der Verkauf von Mobiltelefonen boomt. «Im Dezember haben wir 35000 neue Anschlüsse verkauft, sonst sind es etwa 10000 bis 20000 pro Monat», sagt Sepp Huber, Sprecher der staatlichen Telecom PTT. Stolze 670000 Natel-Anschlüsse gibt es bereits. Ein Ende des Booms ist nicht abzusehen, im Gegenteil.

Preise zerfallen

Die Preise für Natelgeräte zerfallen, bereits ist ein Mobiltelefon für unter 300 Franken zu haben. Der Tag, an dem die Geräte gratis abgegeben werden und sich die Industrie nur noch über die Anschlussgebühren finanziert, ist nicht mehr weit.

Die Telekommunikationsindustrie ist die Wachstumsbranche der neunziger Jahre. Technologische, politische und auch gesellschaftliche Gründe sind für den Boom verantwortlich. Immer und überall erreichbar zu sein ist ein Mythos unserer Zeit. Telefon, Fernsehen und Computer wachsen immer mehr zusammen, gleichzeitig liberalisiert die Politik in vielen Ländern die Rahmenbedingungen der Märkte.

Die Liberalisierung kommt auch in der Schweiz: Am 1.Januar 1998 verliert der Gelbe Riese sein Staatsmonopol, die Telecom wird in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Noch sind nicht alle Einzelfragen gelöst, das neue Gesetz muss im Frühjahr noch vor den Ständerat.

Wichtigste Neuerung: Das Netzmonopol soll fallen, neue Konkurrenten dürfen in Zukunft dieselben Dienstleistungen anbieten wie der frühere Monopolbetrieb. Die neuen Anbieter stehen in den Startlöchern: darunter die Newtelco, an der auch die Migros beteiligt ist , und die Diax, ein Zusammenschluss der Schweizer Elektrizitätswerke. Nach der Revision des Fernmeldegesetzes können auch regionale Anbieter auftreten.

Umstritten ist, welchen Preis die neuen Anbieter zu zahlen haben. Es geht dabei um die sogenannte Grundversorgung, die landesweite Erschliessung mit Telefonanschlüssen. Befürworter der Liberalisierung wollen verhindern, dass zu hohe Eintrittsschwellen errichtet werden. Die Gegner befürchten, dass sich die neuen Anbieter die attraktiven Rosinen aus dem Kuchen herauspicken: Städte und Agglomerationen.

Fit für den Markt

Das neue Fernmeldegesetz zerstreut allerdings diese Bedenken: Der Bundesrat wird nämlich in Zukunft für die Konzessionsvergabe zuständig sein und über die Anbieter wachen. Er wird Höchstpreise festlegen, damit der Telefonverkehr auch in Rand- und Berggebieten nicht zu teuer wird.

Konkurrenz gibt es inskünftig auch auf dem Gebiet der Mobiltelefonie. Beim Bundesamt für Kommunikation (Bakom) in Biel geht man davon aus, dass Mitte Jahr mindestens zwei Mobiltelefonlizenzen ausgeschrieben werden. Davon, so Bakom-Sprecher Andreas Sutter, dürfte die Telecom PTT eine erhalten, die andere geht an einen externen Bewerber.

Die Telecom PTT wird bis Ende des Jahrzehnts noch unter den Fittichen des Staates bleiben. Dass sie fit für den Markt ist, hat sie bewiesen, zuletzt mit der Gründung der Tochtergesellschaft CNS, die im süddeutschen Raum aktiv werden will.

Weniger Grund zur Freude haben die rund 21000 Angestellten der Telecom - sie verlieren nämlich ihren Beamtenstatus. Immerhin: «Es wird kein Lohndumping geben», betonte Bundesrat Moritz Leuenberger.

Ein dickes Portemonnaie

Ob der kleine Schweizer Markt wirklich ein Eldorado für neue Anbieter ist, wird sich zeigen: Wer hier einsteigen will, muss ein dickes Portemonnaie haben. Das zeigt folgendes Beispiel: Die staatliche Telecom wird im Lauf dieses Jahres das Tarifsystem vereinfachen und das Telefonieren verbilligen. Diese Aktion kostet 480 Millionen Franken. Das sind fünf Prozent des gesamten Umsatzes, der heute 9,5 Milliarden Franken ist.

Zwar können einige der neuen Telekommunikationsanbieter auf eine bestehende Infrastruktur zurückgreifen, bei der Newtelco ist es vor allem das Netz der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB), bei der Diax sind es die Netze der Schweizer Elektrizitätswerke. Zusätzlich braucht es aber Neuinvestitionen.

Teuer könnte vorab die letzte Strecke zum Kunden werden: Wird zum Beispiel das SBB-Glasfasernetz zum Rückgrat eines Telekommunikationsnetzes, dann braucht es immer noch die Verbindung vom Bahnhof zum Konsumenten - und das erfordert Investitionen oder Verträge mit der Telecom PTT.

Profitieren dürfte am Schluss der Konsument: Telekommunikations-Dienstleistungen werden billiger. Für den Newtelco-Mann Hanspeter Lingg ist gerade die jüngste Preissenkung der Telecom ein Beispiel, dass der Markt zu spielen beginnt.

Die Telekommunikation ist jener Wirtschaftszweig, der unsere Gesellschaft in den nächsten Jahrzehnten nachhaltig prägen und verändern wird. Warum dies so ist, zeigen wir auf den nächsten Seiten: Denn Telekommunikation ist mehr als nur Telefonieren. «Das Datennetz wird zur Erweiterung des Gehirns und sprengt die alten Grenzen», sagt etwa der Trendanalytiker David Bosshart.

Bruno Schläppi und Dominik Landwehr


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