Trendanalytiker David Bosshart zur Telekom-Welt von morgen

Von Dominik Landwehr (Brückenbauer Nummer 5 vom 27.Januar 1997)


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Im Kabeldschungel

 

Der Trendanalytiker David Bosshart* zum Telekommunikationsboom und zu dessen Auswirkungen auf die Gesellschaft.

«Brückenbauer»: Die Telekommunikationsbranche erlebt zurzeit einen Boom. Ist das ein Strohfeuer oder steckt mehr dahinter?

David Bosshart: Telekommunikation ist schon eine sehr bedeutende Industrie, in die auch gewaltige Summen investiert werden. Das gilt vor allem für die USA, bei uns ist man etwas vorsichtiger. Die Technologien, die jetzt entwickelt werden, bieten einfach ganz grosse Möglichkeiten: Telemedizin oder Teleshopping sind nur zwei Beispiele dafür.

Diese Branche ist auch sehr nah bei den Medien.

...und deshalb wird auch sehr vieles inszeniert. Telekommunikation und elektronische Medien lassen sich kaum voneinander trennen, das Internet ist das beste Beispiel dafür. Weil man so viel davon spricht und weil so viele daran glauben, werden sich diese neuen Technologien auch durchsetzen.

Was ist denn so faszinierend an diesen neuen Möglichkeiten?

Es ist das neue Verhältnis zwischen Intimität und Anonymität: Ich kann aus der Vertrautheit der eigenen vier Wände heraus eine vollkommen fremde Welt kennenlernen, ohne das Haus zu verlassen. Es ist möglich, mit Leuten in Kontakt zu treten, die ich nicht kenne. In den elektronischen Plauderboxen von Telefon und Internet kann ich total anonym bleiben.
Diese neuen Technologien ermöglichen auch eine totale Kontrolle über den Konsumenten.

Macht Ihnen das keine angst?

Das ist ein Mythos. Wir erhalten in Zukunft viel bessere, auf unsere Bedürfnisse abgestimmte Angebote. Es ist schon so, dass die Schnittstelle zwischen Mensch und Technik immer näher zum Menschen rückt. Das Datennetz ist eine Erweiterung des Gehirns.

Wie wird die Telekommunikation die Arbeitswelt verändern?

Es wird in Zukunft keine Rolle mehr spielen, wo genau man ist. Dank Natel, Telefon, Fax, Computer und Internet sind wir überall erreichbar. Es gibt heute Beratungsfirmen, die keine Büros mehr brauchen; die Berater arbeiten in Hotelzimmern dort, wo man sie gerade braucht. Man darf dabei aber den sozialen Aspekt der Arbeit nicht vergessen: Klatsch und Tratsch ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit, man muss zwischendurch auch Menschen von Angesicht zu Angesicht treffen können. Deshalb sind dieser Tele-Arbeit auch Grenzen gesetzt.

Wird die Telekommunikation die Globalisierung verstärken?

Bestimmt - Telekommunikation ist von ihrer Natur her ein grenzüberschreitendes Geschäft. Sie schafft uns Zugang zu fremden Leuten, Kulturen und Dienstleistungen.

Was bedeutet das für die Schweiz, die zwar neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen ist, sich politisch aber isoliert?

Das Sprengen von alten Grenzen, diese Entgrenzung, macht vor der Schweiz nicht halt. Die alten Schemata, dazu gehören auch die politischen Ideologien, werden sich auflösen und bedeutungslos werden.

Vom Segen der Telekommunikation profitieren nur die reichen Länder.

Man darf sich hier nichts vormachen: Nur ein Drittel der Menschheit hat Zugang zu einem Telefon. Was wir über die Möglichkeiten der Telekommunikation sagen, gilt für die reichen Länder und vielleicht für Schwellenländer wie Indien und China.

Interview Dominik Landwehr


*Dr. David Bosshart arbeitete bis vor kurzem beim Gottlieb-Duttweiler-Institut(GDI) in Rüschlikon. Er ist jetzt Leiter Strategische Entwicklung/Kulturelles und Soziales beim Migros-Genossenschafts-Bund.


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