Aus dem "Brückenbauer" Nr.25 vom 19.Juni 1996

Ravensburgers Expansion ins Multimediageschäft

Thomas Kirchenkamp von der deutschen Unternehmensgruppe Ravensburger erklärt, warum sein Haus sich im Bereich Multimedia engagiert.

«Brückenbauer»: Herr Kirchenkamp, Ihr Verlag ist auf Kinderbücher, Brettspiele und Puzzles spezialisiert. Warum nun dieses neue Engagement?

Thomas Kirchenkamp: Der Wert eines Buches ist nicht sein Papier, sondern sein Inhalt. Und unsere Aufgabe ist, gute Inhalte auf allen Medien zu bieten, auch auf CD ROM. Der Computer spielt in den Familien eine immer grössere Rolle. Und die Familie gehört zu unserer Hauptzielgruppe. Ausserdem möchten wir mit unserem Engagement den billigen und oft gewalttätigen Produkten etwas entgegensetzen.

Ihre mehrfach preisgekrönte Produktion «Bitte nicht stören!» konnte bisher nur gerade 7000mal verkauft werden. Actionspiele aus anderen Verlagen gehen aber im deutschsprachigen Raum bis zu 100 000mal über den Ladentisch. Ist der Markt zu klein?

Der Markt ist gross, und er wird noch wachsen. Wir haben langfristige Ziele und schauen unser Engagement als Investition in die Zukunft an, die erst in einigen Jahren Früchte tragen wird.

Sie arbeiten mit Partnern zusammen. Fehlen Ihnen die Ideen?

Wir arbeiten mit kreativen Firmen aus den USA, aber auch aus Deutschland zusammen. Demnächst kommen wir mit «Lulu» auf den Markt. Das ist ein Titel eines französischen Autors, den wir von einem US-Verlag erworben haben. Im Bereich der Distribution haben wir in einzelnen Fällen mit dem Burda-Verlag zusammengearbeitet. Damit verkleinern wir unser Risiko. Wir haben so auch die Möglichkeit, mit den weltbesten Spezialisten zusammenzuarbeiten und Partnerschaften zu schmieden. Das ist heute noch möglich, in zwei Jahren vielleicht nicht mehr, weil sich alle Welt um diese Spezialisten reissen wird.

Diese Globalisierung gehört offenbar zum Multimediamarkt. Birgt dies nicht die Gefahr der Verflachung?

Diese Gefahr besteht nur dann, wenn die Anpassung der Software auf die lokalen Verhältnisse lieblos gemacht wird. Wir investieren sehr viel in diese Anpassungen. Von unserem Spiel «Elroy jagt den Technokäfer» meinen viele, es sei in Deutschland entstanden. Dabei haben wir es in den USA gekauft und gut angepasst. Wir haben aber auch Produkte, die wir selbst entwickelt haben. Dazu gehören neben der mehrfach preisgekrönten CD-ROM «Bitte nicht stören!» beispielsweise Spiele rund um die TV-Figur von Käpt'n Blaubär.

CD-ROMs für Kinder sind sehr teuer und kosten oft um die 100 Franken. Das ist viel, vor allem wenn man es mit einem Kinderbuch vergleicht.

Die Produktion eines neuen Spiels kostet uns bis zu einer halben Million Franken. Das ist zehnmal mehr als bei einem Kinderbuch. Enorm teuer ist vor allem die Entwicklung, das Prägen der CD ist dann sehr billig. Aber eine CD-ROM bietet Unterhaltung für 40 oder 50 Stunden, manchmal auch mehr. Viele Jugendbücher sind an zwei Abenden gelesen.

Was wissen Sie über die Benützer?

Insgesamt gibt es erst relativ wenig Daten. Wir wissen aber, dass bei den unter Zehnjährigen das Lernen wichtigster Spielinhalt ist, bei den über Zehnjährigen ist es das Spielen, für die Eltern wiederum ist das Lernen wichtig.

Gibt es Unterschiede zwischen Buben und Mädchen?

In unserem Teststudio haben wir festgestellt, dass Buben am Computer rechtaggressiv miteinander umgehen und die andern wegschubsen, um selber spielen zu können. Die Mädchen erfinden komplizierte kleine Spiele und Regeln, damit alle einmal drankommen.

Welche Rolle spielt für Ihren Verlag das Internet?

Geschäfte kann man damit noch nicht machen. Aber wir nutzen dieses Medium für das Marketing, weil wir damit genau unsere Zielgruppe ereichen. Wir werden ab August 1996 eine eibgene Homepage haben, die sehr unterhaltend und spielerisch gestaltet sein wird.


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