Medien und Informatik 

Musikalische Interfaces

Schnittstellen zwischen Mensch und Musiker

1916 schrieb der französische Komponist Edgar Varèse "Wir brauchen dringend neue Musikinstrumente". Mit der Entwicklung und Popularisierung der elektronischen Musik seit den späten 50er Jahren ist sein Wunsch in Erfüllung gegangen. Weniger Aufmerksamkeit als die elektronischen Erfindungen erhielten in der Vergangenheit die Schnittstellen zwischen dem Musiker und der Elektronik - erst sie machen nämlich die Klangerzeugung möglich. Als Schnittstelle kann dabei ziemlich alles benutzt werden, wie schon der Pionier der Klangsynthese, Max Mathews festhielt:  von der Klaviatur, über alle möglichen traditionellen Musikinstrumente bis hin zu Sensoren und Videokameras.

Ceci n'est pas un Saxophone

"Ceci n'est pas une pipe" heisst eines der berühmtesten Bilder des französischen Surrealisten René Magritte. An diesem Paradox - denn das Bild zeigt wirklich eine Pfeife - knüpft der Zürcher Musiker Bruno Spoerri an, wenn er mit seinem Saxophon auf die Bühne tritt, auf sein Instrument deutet und dazu  verschmitzt erklärt: "Das ist kein Saxophon". Das vorgetragene Stück heisst folgerichtig "Not what it seems to be". Die ersten Töne klingen zwar vertraut . Aber dann geschieht Sonderbares: Die Klänge entfernen sich immer mehr vom Saxophon-Sound.  Auch die sonst so selbstverständliche Synchronizität zwischen Griffmuster und Tonfolge geht verloren: Oft passiert zuerst gar nichts, wenn der Musiker die Klappen bedient, dafür sprudelt wenig später eine wahre Kaskade von mehrstimmigen Klängen aus dem Lautsprecher. Spätestens jetzt wird ihm der Hörer rechtgeben: Das ist kein Saxophon. - Das Instrument, das Bruno Spoerri hier so virtuos spielt, ist ein Synthophone, ein Hybrid aus einem Saxophon und einem Synthesizer. Enwickelt hat es der Berner Musiker und Instrumentenbauer Martin Hurni.

Wir besuchen den kreativen Erfinder in seinem Laden in Berner Altstadt gleich neben dem Berner Münster. Die Frage, was Musiker dazu treibt, auf einem umgebauten Saxophon zu spielen, lässt ihn keine Sekunde zögern: "Es ist der Wunsch der Musiker, mit der vollen Expressivität, die ihr eigenes Instrument bietet, elektronische Sounds zu spielen". Hurni weiss auch vom Wunsch vieler Musiker mit neuen Klängen experimentieren zu können, ein Wunsch  der gerade in der improvisierten Musik sehr stark ist. Das Synthophone lässt sich wie ein ganz gewöhnliches Saxophon spielen - es baut auf der Verbundenheit des Saxophonisten mit seinem Instruments auf.

Äusserlich ist das Syntophone ist ein handelsübliches Altosaxophon der Marke Yamaha. Dem Betrachter fällt als erstes auf, dass der Becher des Instruments mit einem Deckel verschlossen ist. Die feinen Sensoren und Schalter unterhalb der  Klappen sieht man erst auf den zweiten Blick. Das ist gewollt, denn Klappenmechanik und Spielweise entsprechen exakt dem Originalinstrument. Die Elektronik ist im Innern untergebracht und besteht aus dem umgebauten Mundstück, der Klappenabfrage und dem Hauptprozessor. Der Musiker bläst nach wie vor ins Instrument und bestimmt mit den Griffen die Tonhöhe, aber die Atemluft tritt bereits beim Mundstück wieder aus und wird nicht durch das Instrument geleitet. Durch Lippendruck verändert sich der Abstand einer  Metallzunge zu einem Sensor. Insgesamt werden schon beim Mundstück nicht weniger als sieben Parameter bestimmt und in ein digitales Midi-Signal umgewandelt. Es mag paradox klingen, aber ein Blasinstrument ist ein sehr viel "analogeres" Instrument als ein Piano, das mit einer Tastatur gespielt wird und entsprechend anspruchsvoll ist auch die Analyse und Umwandlung der beim Mundstück gemessenen Parameter. Wann ist beispielsweise eine Luftdruckschwankung ein Tremolo, wann eine neuer Ton? - Um solche Feinheiten eindeutig bestimmen zu können wird beim Synthophone der Winkel des Blasdruck-Anstiegs mit einer Tabelle verglichen. Der Musiker erzeugt die Töne durch die gewohnten Griffe, weitere Funktionen  wie etwa Klangwechsel lassen sich über Sondergriffe steuern.

Ein Prototyp des Synthophonesvon Martin Hurni Das Synthophone in seiner heutigen Form ist das Resultat einer langen Entwicklung, die fast das ganze Berufsleben von Martin Hurni umfasst. Hurni absolvierte in den Jahren 1972 bis 1974 das Berklee College of Music in Boston und traf dort mit dem Erfinder Bill Bernardi zusammen, der das erste elektronische Blasinstrument, das sogenannte Lyricon baute.

Diese Begegnung gab den Anstoss zu einer ersten eigenen Entwicklung. An der Ars Electronica von 1984 gewann Martin Hurni mit einem Vorläufer des heutigen Synthophones den ersten Preis. Nicht ohne Stolz zeigt er die  vom Pionier der elektronischen Musik Bob Moog unterschriebene Gewinnerurkunde, für die "originellste und zukunftsweisendste Neuentwicklung im Bereich der elektronischen Klangerzeugung". Der Aufwand, den er damals trieb ist beachtlich: So programmierte er nicht nur den 8bit Chip, der für die Klappenabfrage genutzt wurde, auch das Programm für den Synthesizer schrieb er selber und zwar in Maschinensprache! - Es war dann auch Bob Moog, der den Ansporn zur Serienproduktion gab, verbunden mit einem Rat: Erst in der ständigen Auseinandersetzung mit Musikern, so erklärte Bob Moog dem jungen Preisgewinner,  wird eine Erfindung zu einem wirklich brauchbaren Musikinstrument. Hurni hat  diesen Rat befolgt und sein Synthophone zu einem Instrument entwickelt, das in der ganzen Musikwelt Anerkennung findet. Zu seinen berühmtesten Kunden zählen die Jazz-Musiker Steve Coleman, Branford Marsalis, Chico Freeman und Jay Beckenstein. Das Synthophone kostet mit knapp 5000 Franken gleichviel wie ein handelsübliches Instrument ohne Elektronik. Einige hundert Exemplare davon hat er in den letzten 15 Jahren gebaut.

Was bringt die Zukunft? - Hurni träumt von einer universalen Schnittstelle für alle Instrumente. Sie würde das Zusammenspiel und der Austausch via Internet fördern und damit noch einmal eine neue Dimension der musikalischen Spielformen eröffnen.

http://www.softwind.com

Steim Amsterdam oder die Intelligenz des Körpers

Der elektronischen Musik die verlorene Verbindung zum menschlichen Körper zurückgeben - so könnte man die Mission der niederländischen Institution Steim umschreiben. Steim steht für "Studio for Electro-Instrumental Music" . Das Zentrum hat seit seiner Gründung im Jahre 1968 bei Musikern und Performance-Künstlern in der ganzen Welt einen einzigartigen Ruf erworben. Bei Steim in Amsterdam entstanden zahlreiche experimentelle Instrumente zum Spielen von elektronischer Musik, in den letzten Jahren kam originelle Software für die Mac Plattform dazu und eine Ausstellung für Kinder.

Das Steim-Zentrum liegt mitten im historischen Kern von Amsterdam an der Achtergracht und besteht aus einigen Räumen, einer Werkstatt und einem Gästehaus. Es atmet den leicht chaotischen Geist eines selbstverwalteten Kulturzentrums der 70erJahre und hebt sich damit von der klinischen Sachlichkeit der grossen Institutionen ab, zu denen etwa das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe zählt.

Im Keller des engen Alstadthauses sind einige der Erfindungen der letzten 30 Jahre aufgestellt: Es sind alles experimentelle Installationen, von denen bis auf einige wenige Ausnahmen, nie grössere Serien angefertigt wurden. Eine solche Ausnahme ist gerade eines der ältesten Geräte von Steim: Nicht ohne Stolz zeigt uns der Gründer des Zentrums Michel Waisvisz ein unscheinbares hölzernes Kästchen "The Crackle Box".  Fährt man mit den Fingern über die auf der der Aussenseite der Box angebrachte Leiterbahnen so ertönen die merkwürdigsten Geräusche. Von diesem experimentellen Musikinstrument wurden im Lauf der Geschichte einige Tausend Exemplare verkauft. "Wir haben nie Werbung dafür gemacht, die Leute kamen einfach und fragten nach dem Instrument". Die Truppe um Michel Waisvisz kümmert sich mit spezieller Hingabe um Kinder, davon zeugt etwa ihre Ausstellung "Touch", die 1998 in Amsterdam gezeigt wurde und nun für Ausstellungen in weiteren Städten in Europa vorbereitet wird. Die oft sehr spielerischen Erfindungen von Steim sind in dieser Ausstellung zusammen zu sehen.

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Michel Wais mit dem Web.
Foto Dominik Landwehr
Nur wenige Exemplare existieren demgegenüber von einer anderen Installation, die ebenfalls hier im Keller aufgebaut ist: "The Web": in einem fünfeckigen Rahmen mit einer diagonalen Spannweite von etwa einem Meter sind Schnüre gespannt, die sich gegenseitig berühren. Zupft man an einer dieser Schnüre, so bewegen sich alle anderen mehr oder weniger mit. Je nach Art der Berührung ertönen verschiedene Tierstimmen. Das Prinzip hinter dieser Konstruktion ist einfach: Am Ende jedes Kabels sitzt ein zugempfindlicher Sensor, der wiederum mit einem Synthesizer verbunden ist. "The Web" ist eine der originellsten Entwicklungen des charismatischen Gründers. Vom Instrument existieren verschiedene Varianten: Neben dem beschriebenen Exponat wurde eine Konzertvariante entwickelt, eine weitere Variante ist mehrere Meter hoch und wird in einer spektakulären Performance von der Musikgruppe Sensorband benutzt. Der Steim-Mitarbeiter Jorgen Brinkmann zeigt uns im Synthesizer-Labor von Steim eine Variante, die nur gerade 20 Zentimeter hoch ist und von DJ's benutzt werden kann.

 

Entwickelt wurden bei Steim in engster Zusammenarbeit mit Musikern und Künstlern nicht nur oftmals spektakulären Geräte oder Instrumente, sondern auch die zugrunde liegende Technologie. Dazu gehört zunächst einmal das in einer kleinen Box untergebrachte Sensorlab: Ein Gerät, das analoge Signale von einer Vielzahl von Sensoren - möglich sind über 100 - in Midi-Signale übersetzt, damit lassen sich wiederum beliebige Synthesizer steuern.

In jüngerer Zeit haben sich die Steim-Mitarbeiter vermehrt dem Software-Bereich zugewandt: Tom Demeyer beispielsweise schuf "Image/ine". Dieses Programm versetzt einen Musiker in die Lage, während seiner Performance Video-Effekte zu erzeugen und in seinen Auftritt einzubauen. Das Programm "LiSa" ist ein live Sampler, die dem Musiker ermöglicht noch während der Aufführung mit Klangfragmenten, den sogenannten Samples, zu spielen.

Nicht alles, was hier erfunden wurde, ist neu. Einiges mag in den Labors anderer Institutionen oder in professionellen TV-Studios schon existiert haben. Zur Philosophie von Steim gehört es, günstige und robuste Geräte zu entwickeln, denn die Mehrheit der Künstler, die in diesem Feld arbeiten verfügen nur über schmale Budgets.

Das Zentrum will aber mehr, als einfach nur erschwingliche Technologie für Performance-Künstler und Musiker bereitstellen sondern den Körper und damit den Menschen in die elektronische Musik zurückholen: Jeder Musiker - aber auch jeder Zirkuskünstler weiss -  dass es nicht nur eine Intelligenz des Kopfes, sondern auch eine Intelligenz des Körpers, der Hände gibt. Interessanterweise deckt sich dies  mit Erkenntnissen aus der  Forschung im Bereich Künstliche Intelligenz, wie sie etwa der Zürcher Informatiker Rolf Pfeifer betreibt. Steim stellt sich damit auf eine bemerkenswerte Weise gegen modische Tendenzen in der Medien- und Kunsttheorie, welche ein Verschwinden des Individuums und damit auch des Körpers postulieren. Der experimentelle Ansatz von Steim darf darum auch humanistisch und vielleicht sogar konservativ genannt werden.

www.steim.nl

www.avignonumerique.com


Allen Experimenten und Innovationen zum Trotz nimmt die traditionelle Klaviatur eine zentrale und dominante Stellung als Schnittstelle zwischen Mensch und Musiker ein. Das mag daran liegen, dass diese seit der frühen Neuzeit benutzte Erfindung ausserordentlich praktisch ist und sich mit wenig Aufwand als Kontroll- und Steuereinheit für ein elektronisches Instrument nutzen lässt. Alle frühen elektronischen Musikinstrumente bedienten sich dieser Schnittstelle, so auch eines der ersten, der "Musikalische Telegraph" den der amerikanischen Ingenieur Elisha Gray schon 1876 vorstellte.

Auch die Synthesizer, die in den 60er Jahren  auf den Markt kamen, benutzten die Klaviatur. Sie waren allerdings zuerst den Studios und Labors vorbehalten und für die meisten Musiker unerschwinglich. Ein Meilenstein dieser Entwicklung war darum der "Mini-Moog" des britischen Ingenieurs Bob Moog, der erste einfache und bühnentaugliche Snythesizer, der Ende 60er Jahre auf den Markt kam und die Rock Musik jener Zeit entscheidend prägte.

Der Mini-Moog und ähnliche Instrumente von anderen Firmen wie Roland, Arp oder Akai eröffneten dem Musiker ganz neue Klangwelten. Aber: Diese Geräte konnten nicht miteinander kommunizieren. Dies ermöglichte erst die digitale Musik- Schnittstelle Midi, die 1983 eingeführt wurde. Der Begriff steht für "Musical Instruments Digital Interface". Mit Midi ausgestattete Synthesizer können digitale Informationen über Tonhöhe, Länge, Anschlag und die Art des benutzten Kanals austauschen. Damit liessen sich nun die Synthesizer untereinander verbinden. Die Steuerung übernimmt entweder eine gemeinsame Klaviatur, ein Computer oder ein anderes Steuergerät.

Computer wurden in der Musik allerdings schon seit den frühen 60er Jahren eingesetzt. Dafür war aber ein Programmierer erforderlich; diese Computermusik blieb deshalb nur einem kleinen Teil von Experimentalmusikern vorbehalten. Die Eingabe erfolgte dabei über Lochkarten, später über eine Tastatur. Waren die Klänge einmal definiert, so gab es keine direkten Interaktionsmöglichkeiten mehr. Die Gestaltung vollzog sich offline.

Auch dies änderte sich mit der Einführung des PC's und der Midi Schnittstelle anfangs 80er Jahre. Heute lässt sich die Anzahl der - oftmals sehr preisgünstigen - Programme zur Musikgestaltung kaum mehr überblicken. Eine Sonderstellung nimmt dabei die Benutzeroberfläche Max ein, die am Pariser Ircam (Institut de Recherche et Coordination Acoustique / Musique)  entwickelt wurde und 1990 auf den Markt kam: Max ist eine auf die Bedürfnisse von Musikern zugeschnitte objektorientierte Programmiersprache, welche die einfache Definition von komplexen klanglichen Events und Abläufen ermöglicht.

Geht man von der traditionellen Klaviatur weg - die sich übrigens dank MIDI auch sehr unkonventionell benutzen lässt - so bieten sich zwei Möglichkeiten zur Steuerung von elektronischen Musikinstrumenten an: Man verwendet entweder traditionelle Instrumente, die man umbaut oder anpasst, oder man schafft gänzlich neue Schnittstellen. Beide Wege wurden in der Vergangenheit mit Erfolg beschritten.

Ausgestattet mit den nötigen Sensoren und analog-digital Wandlern lässt sich jedes Musikinstrument zur Steuerung von Synthesizern verwenden. Am erfolgreichsten ist dies bei der Gitarre gelungen. Weniger verbreitet sind entsprechende Systeme für Streichinstrumente. Speziell anspruchsvoll ist die Umsetzung von Signalen aus Blasinstrumenten. Yamaha und Akai verkaufen eigens entwickelte Blasinstrumente, die vom Instrumentalisten aber einige Gewöhnung verlangen. Einen besonderer Stellenwert kommt deshalb dem Synthophone von Softwind zu, das der Berner Musiker und Instrumentenbauer Martin Hurni auf der Grundlage eines gewöhnlichen Saxophons enwickelte (siehe nebenstehender Artikel).

Weit einfacher ist aus naheligenden Gründen die Konstruktion von perkussiven Schnittstellen. Sogenannte „Drum Pads“ sind heute fast ubiquitär sind.  Eine besonders reizvolle Variante ist  die Schnittstelle "Thunder" des Synthesizer-Pioniers Don Buchla. Gespielt wird mit blossen Händen auf einer Fläche, die in zahlreiche Sektoren aufgeteilt ist. Musikalisch interessant wird dieses Instrument unter anderem durch die Möglichkeit, Sektoren in Abhängigkeit von anderen zu programmieren.

Bei den experimentellen Schnittstellen öffnet sich schliesslich ein fast unübersehbares Feld. Einige davon kommen ganz ohne Berührung aus und wandeln Bewegungen des Körpers in Klänge um.  Diese Systeme haben einen berühmten Vorläufer, nämlich das Theremin, das der russische Physiker Lev Sergeivitch Termen

in den 20er Jahren baute. Selbst Lenin soll einmal auf diesem einzigartigen Musikinstrument gespielt haben, das unter anderem durch die Titelmelodie im Hitchcock Film "Spellbound" berühmt wurde. Das Theremin macht sich das Prinzip der Induktion zunutze und wird mit beiden Händen gespielt, die frei in der Luft schweben und die Osizillatoren im Innern des Instrumentes beeinflussen. Dieses Musikinstrument wird seit kurzem wieder nachgebaut, ein spielbares Exemplar davon findet sich im Technorama in Winterthur.

Eine originelle Variante einer experimentellen Schnittstelle stellt der Radio-Baton von Max Mathews dar: Der Musiker führt dabei zwei Stäbe, die mit niederfrequenzigen Radiosendern ausgestattet sind.

Bruno Spoerri mit Synthophone und Very Nervous System.
Foto Dominik Landwehr

Eine letzte Gruppe schliesslich bilden jene Schnittstellen, welche Informationen auswerten, die von einer Videokamera stammen. Hier ist das "Very Nervous System" des Kanadiers David Rokeby zu nennen, das der Musiker Bruno Spoerri in seinen Improvisationen benutzt: Der Musiker beeinflusst dieses System mit Handbewegungen, die ans Dirigieren erinnern. Das System misst die Veränderungen im Signal einer Videokamera und stellt das Resultat dem Computer zur Weiterverarbeitung zur Verfügung. Der in Nürnberg lebende US Choreograph Robert Wechsler hat mit seinem Palindrome Dance Theater schliesslich eine Schnittstelle entwickelt, die den Raum dreidimensional vermisst und jedem Punkt im Raum ein Klangereignis zuordnent. Darauf lässt sich eine eigene Tanzperformance aufbauen, bei der die Tänzer die Klänge mit ihren Bewegungen selber erzeugen.

Aus diesen Entwicklungen eindeutige Zukunftstendenzen abzuleiten, dürfte ein schwieriges Unterfangen sein. Es steht ausser Zweifel, dass alle geschilderten Ansätze weiterverolgt werden dürften. Am interessantesten scheint die Entwicklung im Bereich der nicht-taktilen Schnittstellen zu sein. Je genauer sich visuelle und akustische Signale  analysieren lassen, möglicherweise unter Zuhilfenahme von Erkenntnissen aus der Forschung nach künstlicher Intelligenz, desto interessanter sind auch die künstlerischen Möglichkeiten.

Dominik Landwehr

Der Autor leitet beim Migros-Kulturprozent den Bereich Science & Future.

Quellen:

Joel Chadabe "Electric Sound. The Past and Promise of Electronic Music." New Jersey 1977. Prentice Hall.  
www.media.mit.edu/~joep/SpectrumWeb/SpectrumX.html .
www.obsolete.com/120_years/


 

 

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