Erfolgreicher Internet Wettbewerb ThinkQuest 

Als im vergangenen Sommer zum ersten Mal vom internationalen Internet Wettbewerb ThinkQuest die Rede war, reagierten manche skeptisch. Mittlerweile ist bei ThinkQuest Halbzeit: Ein erfreulicher Erfolg zeichnet sich bereits heute ab. 

(Publiziert in der Zeitschrift INTERFACE 1/99) 

Von Dominik Landwehr 

Wer sich die Wettbewerbsbeiträge der vergangenen Jahre ansieht, ist überrascht über das durchweg hohe Niveau der Beiträge: Im vergangenen Jahr gewann eine Schülergruppe, die eine Internetseite zum Thema "Klänge" realisiert hatte. Die Seite erklärt physikalische Grundlagen der Akustik mit Text und Grafik und illustriert verschiedene Phänomene mit Animation und Tönen. Andere Preisträger beschäftigen sich mit Vulkanen, Delphinen, mit der Funktionsweise von Viren oder den wichtigsten Ereignissen der 90er Jahre. Insgesamt steht heute auf den Seiten von www.thinkquest.org eine Bibliothek mit rund 1000 Beiträgen zur Verfügung, wer sich hier einmal eingeklickt hat, kommt nicht so schnell wieder los.  

Trotzdem: Die Hemmschwellen bei diesem internationalen Wettbewerb mitzumachen, sind nicht unbeträchtlich: 

  • Am meisten ins Gewicht fallen dürfte für Schweizer Schülerinnen und Schüler die englische Sprache, die bei ThinkQuest "lingua franca" ist. Die Wettbewerbsbeiträge müssen in in englischer Sprache abgegeben werden, allerdings gibt es für zusätzliche Sprachversionen Bonuspunkte. 
  • In englischer Sprache wird auch die gesamte Korrespondenz abgewickelt: Dies betrifft den Briefverkehr bei gemischten Teams aber auch der Verkehr mit den US Organisatoren.
  • Wer bei ThinkQuest mitmachen will, muss sich einem komplizierten Anmelde-Prozedere unterziehen. 
Die Schweizer Organisatoren von ThinkQuest haben nicht wenig Energie und Mittel zur Unterstützung des Wettbewerbs aufgewendet: Dazu gehören Mailings, eine Werbekampagne, Workshops, das Bereitstelle n einer umfangreiche Internetseite, Informaterial und schliesslich direkte Beratung sei es via Email oder Telefon. Das Resultat kann sich sehen lassen: Rund 600 Personen haben die Gratis-CD ROM mit Informationen und Gratis-Software zum Wettbewerb angefordert. Zahlreiche Medien, darunter die Zeitungen "Brückenbauer" und "Construire", aber auch Radio und Fernsehen, haben bisher über diesen Wettbewerb berichtet.  

Bisher haben sich in der Schweiz rund 75 Schülerinnen und Schüler und etwa 30 Lehrkräfte für ThinkQuest angemeldet. Diese Zahl dürfte sich zum Anmeldeschluss Ende März noch um ca einen Drittel erhöhen. Gemäss Erfahrungen aus anderen Ländern schliessen zwischen 40 und 60 % der Kandidaten auch wirklich ab, diese Zahl dürfte in der Schweiz ähnlich aussehen.  

Gespräche mit Schweizer Lehrkräften, die bei ThinkQuest als Coach mitwirken, zeigen, dass der Begleitung durch Erwachsene in diesem Wettbewerb eine wichtige Rolle zukommt. Sie sind es in vielen Fällen, welche Schülerinnnen und Schüler auf den Wettbewerb hinweisen, sie sind es auch, welche für die Rahmenbedingungen sorgen: entscheidend ist hier beispielsweise ungehinderter Internet-Zugang in der Schule. Dies betont beispielsweise Jean-Piere Baer aus Neuenburg, der zahlreiche ThinkQuest-Teams betreut. Die Coaches unterstützen Teilnehmerinnen und Teilnehmer im aufwendigen Anmeldeprozedere und helfen danach bei der Planung. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass das Zeitmanagement hohe Anforderungen stellt, für viele Teilnehmer wohl auch eine gänzlich neue Komponente darstellt. Der Berner Lehrer Pierre Marville, der ebensfalls ein Team betreut, betont wie wichtig es ist, die Teammitglieder zu einer sorgfältigen Recherche anzuhalten. Die Organisatoren legen aus naheliegenden Gründen grossen Wert auf saubere, urheberrechtliche Abmachungen, falls bei einem Projekt Fremdmaterial miteinbezogen wird. Pierre Marville stellt bereits heute eine starke zeitliche Belastung beim Team fest, das er betreut: Es ist sicher sinnvoll abzuklären, ob ein Interessent oder ein Team überhaupt in der Lage ist, die notwendige Zeit für diesen Wettbewerb zur Verfügung zu stellen. Es gibt dafür allerdings auch generöse Lösungen: Am Gymnasium Davos beispielsweise werden Schülerinnen und Schüler, die sich bei aufwendigen Projekten engagieren, für eine Zeit lang vom Unterricht freigestellt.  

Schon ein oberflächlicher Blick auf die Teilnehmerlisten zeigt, dass sich vornehmlich Burschen für den Wettbewerb interessieren. Diese Tatsache darf nicht überraschen, denn generell engagieren sich in der Schweiz (noch) mehr Männer als Frauen in Projekten rund ums Internet.  

ThinkQuest – auch dies eine erste Erfahrung aus der Schweiz – lässt sich nicht direkt in den Unterricht integrieren: Das liegt daran, dass die beteiligten Teams mit zwei bis drei Personen recht klein sind und zudem gehalten sind, autonom und projektbezogen zu arbeiten. 

Zusammenfassend darf gesagt werden, dass der Internet Wettbewerb ThinkQuest hohe Anforderungen an Lehrende und Lernende stellt. Zahlreiche Lehrkräfte und Schüler haben sich aber bisher davon nicht abschrecken lassen und haben die Herausforderung angenommen. 

KASTEN 

Der Wettbewerb in Kürze 

ThinkQuest ist ein internationaler Internet-Wettbewerb für Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren. Sie erarbeiten in international gemischten Teams Internet-Angebot aus den Bereichen Wissenschaft, Kultur und Gesellschaft. Zu gewinnen gibt es Preise im Wert von über einer Million US Dollar. Schülerinnen und Schüler erhalten diese Preise als Stipendien. Lehrkräfte und Schulen, die ebenfalls ausgezeichnet werden, in bar. Teams müssen sich bis zum 31. März registriert haben, danach ist bis zum 15. August 1999 Zeit um die Wettbewerbsbeiträge zu realisieren. Die Jury besteht aus Mitgliedern der Internet-Society. Beurteilt werden neben der inhaltlichen und technischen Qualität der Beiträge vor allem die Zusammenarbeit, der Nutzen der Seiten oder die Interaktivität. Die Preisverleihung von ThinkQuest findet im November im Los Angeles statt. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die in der Schweiz leben, qualifizieren sich automatisch für den Swiss Web Award. Hier wählt eine unabhängige Jury von Fachleuten aus Erziehung, Wissenschaft und Wirtschaft die besten Wettbewerbsbeiträge. Es winken Sachpreise (Computer, Peripheriegeräte, Softwarepakete). Die Preisverleihung für den Swiss Web Award findet im Rahmen der Netd@ys ’99 im kommenden Oktober statt. 
  

Mehr Informationen finden Sie auf den folgenden Seiten: 

http://www.thinkquest.ch (ThinkQuest Schweiz) 

http://www.thinkquest.org (ThinkQuest International) 

  

Glanzvolle Preisverleihung in Hollywood 

Die Preisverleihung von ThinkQuest setzt einen glanzvolles Schlusslicht hinter einen Wettbewerb, bei dem im vergangenen Jahr einige Tausend Jugendliche aus verschiedenen Nationen mitgemacht hatte. 100 Jugendliche, die sich für den Final qualifiziert hat, wurden nach Los Angeles eingeladen. Im dortigen Stadtteil Universal City – gleich neben Hollywood – hatten sie sich den Interviews der Jurymitglieder zu stellen: Die Stimmung auf der Sitzungszimmer-Etage des Universal Hilton glich während einigen Tagen einem Gymnasium in der Zeit der Matura-Prüfungen. Erholung von den nicht unbeträchtlichen Strapazen dieser Interviews, die von den meisten als eigentliche Schlussprüfungen angesehen wurden, verschafften Ausflüge in die Universal Studies, ins nahegelegene Getty-Center oder ins Hard Rock Café gleich nebenan. Höhepunkt des dreitägigen Aufenthaltes in Kalifornien bildete dann die eigentliche Preisverleihung, durchgeführt von Ambrosia Productions, die auch die alljährliche Oscar-Verleihung organisiert: Die Preisträger konnten ihre Preise – Stipendien und Geldpreise im Gesamtwert von über einer Million US Dollar - nämlich aus den Händen von Hollywood Prominenz entgegen nehmen, unter ihnen etwa Jon Landau, Produzent des Kassenschlagers "Titanic". 

Lesen Sie dazu auch die Beschreibung dieses Events aus der Perspektive des Schweizer Lehrers Pierre Marville: http://www.thinkquest.ch 

  

Wer sind die Organisatoren von ThinkQuest 

Verantwortlich für ThinkQuest ist die hierzulande wohl völlig unbekannte US Nonprofit-Organisation Advanced Networks & Services, die in Armonk, im US Bundesstaat New York ihren Hautpsitz hat. Sie führt den Wettbewerb ThinkQuest im laufenden Jahr bereits zum vierten Mal durch. Die Organisation betrieb 1990 - 95 im Auftrag der National Science Foundation den Internet Backbone für das amerikanische Bildungswesen. 1995 verkaufte sie diese Operation an America Online und setzte die so gewonnenen rund 24 Millionen US Dollar in verschiedene Projekte im Erziehungsbereich ein. Erstaunlich am Wettbewerb ist das fast völlige Fehlen der sonst omnipräsenten US Computerindustrie. Die US Organisatoren arbeiten weltweit mit rund 40 sogenannten nationalen Partnern zusammen, die in ihren Ländern Informationen zum Wettbewerb verteilen, Workshops organisieren und Hilfe anbieten. In Deutschland ist dies die Organisation "Schulen ans Netez", in Frankreich der Verlag "Hachette" und in der Schweiz das Migros Kulturprozent, das durch die wf (Gesellschaft zur Förderung der schweizerischen Wirtschaft) sowie die SFIB unterstützt wird. 

Dominik Landwehr 

Der Autor leitet im Migros Kulturprozent den "Science & Future" und koordiniert die Anstrenungen für den Internet-Wettbewerb ThinkQuest in der Schweiz. 

  
  

Wettbewerbsbeiträge 

http://www.thinkquest.org/library/98winners.html  
(Übersicht) 

http://hyperion.advanced.org/16661/  
(Tesselations – sehr schöne Seite zum Thema Mosaike, Gewinner im Bereich Kunst & Literatur) 

http://hyperion.advanced.org/15924/ 

(Egypt World - Spezialpreis für das beste Design) 

http://www.thinkquest.org/library/18220.html  
(The Nineties – ein weiterer Preisträger im Bereich Kunst & Literatur) 

http://hyperion.advanced.org/18355/ 
(The Cuba Experience – Preisträger im Bereich Sozialwissenschaften)